Mein Vortrag am 17. Januar 2018 an der Technische Universität Chemnitz findet im Rahmen der Ringvorlesung „Ringvorlesung gender_fokussiert: Aktuelle Themen aus der Frauen- und Geschlechterforschung“ statt.
Mein Ausgangspunkt sind aktuelle Positionierungen zu Genderfragen und drei Beispiele aus der Literatur (Siri Hustvedts Roman The Blazing World; dt. Die gleißende Welt, 2015) und aus der Gender-Diskussion in Frankreich (Geneviève Fraisses Les excès du genre; Gender-Exzesse, 2014, und Virginie Despentes’ 2006 erschienenes feministisches Manifest King Kong Theorie, „ein wütendes Stück Literatur über Leben und Überleben von Frauen, über Pornographie und Prostitution in der heutigen Zeit“). So hilfreich eine Historisierung dieser Beispiele aus unserer unmittelbaren Gegenwart auch sein mag: In Zeiten des „Präsentismus“ (F. Hartog) – der Vorherrschaft des Gegenwärtigen – fragt es sich, ob die historisch fundierte Geschlechterforschung nicht ein ‚alter Hut‘ ist, abzulegen im Kostümfundus der Wissenschaftsgeschichte? Dies diskutiere ich anhand von zwei Beispielen: zunächst des bahnbrechenden Handbuchs Lexikon Musik und Gender (2010), herausgegeben von Annette Kreutziger-Herr und Melanie Unseld. Abschließend geht es um die russisch-französische Malerin, Designerin und ‚Erfinderin‘ der ‚simultanen Mode‘ Sonia Delaunay (1885-1979). In beiden Fällen zeigt sich, welchen Zuwachs an Erkenntnis die historisch fundierten Genderstudien bringen – und wie un-denkbar moderne Forschung, ja zeitgenössisches Denken ohne die Kategorie „Gender“ ist.
17.01.2018, 17:15 Uhr, Technische Universität Chemnitz, Zentrales Hörsaal- und Seminargebäude, Reichenhainer Straße, Hörsaal 113.
Programm der Ringvorlesung „gender_fokussiert: Aktuelle Themen aus der Frauen- und Geschlechterforschung“

In Berlin geboren, in Frankreich aufgewachsen und ausgebildet, prägte Jeanne Mammen mit ihren Aquarellen und Zeichnungen das Bild der „Goldenen Zwanziger“. Im Vorlauf zu der großen Jeanne-Mammen-Ausstellung in der Berlinischen Galerie ab Oktober 2017 ist im Deutschen Kunstverlag nun der Band Jeanne Mammen: Paris – Bruxelles – Berlin erschienen. Er geht zurück auf das internationale Symposium „Paris – Brüssel – Berlin: Französische Elemente in JEANNE MAMMENs Kunst“, das im Oktober 2014 von dem Förderverein der Jeanne-Mammen-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Frankreich-Zentrum der FU Berlin organisiert wurde. Die interdisziplinären Beiträge und zum Teil bislang noch nie veröffentlichten Werke werfen neues Licht auf das künstlerische Schaffen und Leben der Malerin und Graphikerin (1890-1976).
Ganz im Sinne Pierre Bourdieus haben Gesa Stedman und Sandra van Lente am Großbritannien-Zentrum der Humboldt Universität zu Berlin das Literary Field Kaleidoscope eingerichtet. Sie berichten dort über das literarische Feld und seine Akteure in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Im Kaleidoscope stelle ich die bislang nahezu unbekannte, erste französische Buchhandlung in Berlin vor, von der wir über das erst kürzlich wiederentdeckte Buch von Françoise Frenkel Rien où poser ma tête (1945/2015) erfahren haben. Das Buch erschien in der deutschen Übersetzung von Elisabeth Edel unter dem Titel Nichts, um sein Haupt zu betten im Carl Hanser Verlag.
Nach dem Fall der Mauer kamen viele französisch-sprachige Autorinnen und Autoren nach Berlin, um in der Stadt zu leben. Ihre Werke reflektieren die Veränderungen in der Stadt, die Allgegenwärtigkeit der Geschichte, die moderne Architektur, aber auch la douceur de Berlin. Der von mir herausgegebene Sammelband Après le mur: Berlin dans la littérature francophone stellt eine erste systematische Analyse mit dieser littérature contemporaine emberlinisée (Pierre Assouline) dar. Er zeigt die vielfältige Wahrnehmung und Auseinandersetzung der Franzosen mit der Stadt und eröffnet auf diese Weise ein neues Kapitel in der Literaturgeschichte des 21. Jahrhunderts.
Das Oeuvre der in Berlin und Paris lebenden Roman- und Hörspielautorin, Essayistin und Übersetzerin Cécile Wajsbrot war Gegenstand eines Colloquiums, zu dem Roswitha Böhm und ich am Frankreich-Zentrum der Freien Universität einluden. Der daraus entstandene Sammelband zur europäischen Gedächtniskultur stellt die erste wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihrem Werk dar. Er enthält neben den internationalen Fachbeiträgen ein Interview mit der Autorin sowie die Erstveröffentlichung ihrer Erzählung La Ville de l’oiseau im französischen Original sowie in deutscher Übersetzung.


