Ganz im Sinne Pierre Bourdieus haben Gesa Stedman und Sandra van Lente am Großbritannien-Zentrum der Humboldt Universität zu Berlin das Literary Field Kaleidoscope eingerichtet. Sie berichten dort über das literarische Feld und seine Akteure in Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Im Kaleidoscope stelle ich die bislang nahezu unbekannte, erste französische Buchhandlung in Berlin vor, von der wir über das erst kürzlich wiederentdeckte Buch von Françoise Frenkel Rien où poser ma tête (1945/2015) erfahren haben. Das Buch erschien in der deutschen Übersetzung von Elisabeth Edel unter dem Titel Nichts, um sein Haupt zu betten im Carl Hanser Verlag.
Von 1921-1939 behauptete sich die Maison du Livre français in einem zunehmend aggressiv-fremdenfeindlichen, am Ende virulent antisemitischen Umfeld – zuerst in der Kleiststraße 13, dann in der Passauer Straße 27 und schließlich in der Passauer Straße 39a, einem heutigen KaDeWe-Anbau. Die polnische Jüdin Françoise Frenkel (Frymeta, Idesa Raichenstein-Frenkel, 1889-1975) hatte sie bereits 1924 eröffnet und zu einem kulturell-gesellschaftlichen Zentrum mit Sprachkursen, Lesungen und Bällen ausgebaut. In ihren Regalen fanden sich neben anspruchsvoller Gegenwarts- und Kinderliteratur auch bibliophile Ausgaben sowie Literatur- und Modemagazine. Françoise Frenkel flieht im fast letzten Moment, im Juli 1939, mit einem Sonderzug der französischen Botschaft nach Paris. Nach mehreren Anläufen gelingt ihr im Juni 1943 die Flucht in die Schweiz.
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